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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Teil 3 = Kl. 6 - S. 48

1913 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
48 gekommen sein, die Küchlein würden wieder Eier gelegt haben, aus denen wieder Küchlein gekommen sein würden, und so fort, was zuletzt eine ungeheure Summe ausmachte, die der Wirt forderte und der Richter ihm auch zubilligte. Ganz niedergeschlagen ging der Kaufmann aus dem Gerichts- saale; denn sein großes Vermögen langte bei weitem nicht, um die Schuldsumme zu bezahlen. Da begegnete ihm ein altes Männ- chen und sprach: „Herr, was habt Ihr Trauriges erlebt? Ihr seht ja aus wie die teure Zeit.“ Der reiche Holländer antwortete, wozu er ihm das sagen sollte, er könne ihm ja doch nicht helfen. „Wer weiß!“ sagte das Männchen, „ich bin ein guter Ratgeber, klagt mir nur Eure Not!“ Da erzählte er, wie er um zwölf Eier ein armer Mann werden sollte. „Wenn es weiter nichts ist,“ sprach das Männlein, „so geht nur gleich hin zum Richter und sagt ihm, die Sache müsse noch einmal verhandelt werden, Ihr hättet einen Fürsprech angenommen; dann will ich schon vor Gericht Euch helfen.“ „Wenn Ihr das fertig bringt,“ sagte der Kaufmann, „will ich Euch sechshundert Gulden geben.“ „Das wird sich finden,“ meinte das Männchen, „geht nur hin!“ Das tat der Kaufmann, und der Richter setzte einen Tag an, wo die Sache aufs neue zur Ver- handlung kommen und er mit seinem Rechtsbeistand erscheinen sollte. Als nun der Gerichtstag kam, war der Kaufmann zeitig genug da, aber das Männchen kam nicht. Die Gerichtsherren, die schon hinter dem grünen Tische saßen, fragten ihn ein über das andere Mal, wo denn sein Fürsprech bleibe, und die Stunde war fast vor- bei, nach deren Verlauf sie das erste Urteil bestätigen mußten. Endlich erschien das Männchen, und die Richter fragten, warum es denn solange ausgeblieben sei. Das Männchen antwortete: „Ich habe erst Erbsen kochen müssen.“ „Was habt Ihr denn mit den Erbsen machen wollen?“ fragten die Richter. „Die habe ich pflanzen wollen,“ gab das Männchen zur Antwort. „Ei,“ sagten die Richter, „gekochte Erbsen pflanzt man doch nicht, sonst kommen ja keine Früchte!“ „Und von gekochten Eiern,“ fiel das Männchen ein, „wären auch keine Küchlein gekommen. Darum seid so gut, ihr Herren, und sprecht ein ander Urteil! Denn dieser Kaufmann ist dem Wirt nur zwölf gekochte Eier schuldig, und die will er ihm gern bezahlen.“ Das leuchtete den Richtern ein; sie gaben ein anderes Urteil, und der Kaufmann bezahlte dem Wirt die zwölf Eier. Als er aber dem Männlein danken wollte, war es verschwunden.

2. Teil 4 = Kl. 5 u. 4 - S. 40

1918 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
40 8. Zum ersten: Wann hoch ich im fürstlichen Rate zu Throne mich zeige im Kaiserornate, dann sollt Ihr mir sagen, ein treuer Wardein, wieviel ich wohl wert bis zum Heller mag sein. 9. Zum zweiten sollt Ihr mir berechnen und sagen, wie bald ich zu Rosse die Welt mag umjagen! Um keine Minute zu wenig und viel! Ich weiß, der Bescheid darauf ist Euch nur Spiel. 10. Zum dritten noch sollst du, o Preis der Prälaten, aufs Härchen mir meine Gedanken erraten. Die will ich dann treulich bekennen; allein es soll auch kein Titelchen Wahres dran sein. 11. Und könnt Ihr mir diese drei Fragen nicht lösen, so seid Ihr die längste Zeit Abt hier gewesen, so lass' ich Euch führen zu Esel durchs Land, verkehrt, statt des Zaumes den Schwanz in der Hand." — 12. Drauf trabte der Kaiser mit Lachen von hinnen. Das Pfäfflein zerriß und zerspliß sich mit Sinnen; kein armer Verbrecher fühlt mehr Schwulität, der vor hochnotpeinlichem Halsgericht steht. 13. Er schickte nach ein, zwei, drei, vier Un'vers'täten; er fragte bei ein, zwei, drei, vier Fakultäten, er zahlte Gebühren und Sporteln vollauf; doch löste kein Doktor die Fragen ihm auf. 14. Schnell wuchsen bei herzlichem Zagen und Pochen die Stunden zu Tagen, die Tage zu Wochen, die Wochen zu Monden; schon kam der Termin! Ihm ward's vor den Augen bald gelb und bald grün. 15. Nun sucht' er, ein bleicher, hohlwangiger Werther, in Wäldern und Feldern die einsamsten Örter. Da traf ihn auf selten betretener Bahn Hans Bendix, sein Schäfer, am Felsenhang an. 16. „Herr Abt," sprach Hans Bendix, „was mögt Ihr Euch grämen? Ihr schwindet ja wahrlich dahin wie ein Schemen. Maria und Joseph! wie hotzelt Ihr ein! Mein Sixchen, es muß Euch was angetan sein." 17. ,Ach, guter Hans Bendix, so muß sich's wohl schicken, der Kaiser will gern mir am Zeuge was flicken und hat mir drei Nüss' auf die Zähne gepackt, die schwerlich Beelzebub selber wohl knackt.

3. Teil 4 = Kl. 5 u. 4 - S. 44

1918 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
44 Wer mag dem Zweifel da gebieten? Und drum im Namen der Quinten verklag’ ich dich auf Unterschleif!“ 6. Da hebt sich Scipio vom Sitze; es bleiben seines Auges Blitze mitleidig auf dem Kläger ruhn. Aufschlägt er eine Bücherrolle, und mild, als wüßt’ er nichts vom Grolle, beginnt er seine Rede nun: 7. ,,Reicht wär’s, ihr Väter, mir, zu rechten! Ich schrieb im Feld in heißen Nächten dies Rechnungsbuch mit eigner Hand. Von meinem Quästor untersiegelt, des Lippe jetzt der Tod verriegelt, ist’s meiner Ehre gültig Pfand. 8. Und weil mich die Erinn’rung freute, so hielt ich's aufbewahrt bis heute; nun aber, dünkt mich, ist’s genug. Zu fragen nach Beweis und Pfande, es wäre mir und euch zur Schande — dies meine Antwort! kommt zum Spruch!“ 9. Er schweigt und reißt das Buch in Fetzen, und wirft es zu des Hofs Entsetzen aufs Kohlenbecken Stück für Stück. Dann schürt bedachtsam er die Flammen, bis es zur Asche fiel zusammen, und geht zu seinem Sitz zurück. 10. Still wird’s — dann jauchzt es in der Runde: „Frei, frei von Schuld!“ aus jedem Munde; der Kläger bebt in banger Scham. Doch in dem wilden Beifallrufen neigt sich der Held und geht die Stufen hinab so ruhig, wie er kam. 37. Drusus’ Tod. Von Karl Simrock. Rheinsagen. 7. Aufl. Bonn 1874. S. 281. 1. Drusus ließ in Deutschlands Forsten goldne Römeradler horsten, an den heil’gen Göttereichen klang die Axt mit freveln Streichen.

4. Teil 4 = Kl. 5 u. 4 - S. 203

1918 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
der Nacht erwachten die beiden Männer von einem furchtbaren Rumor in der Mühle. Es ging dort kopfüber und kopfunter, und dazwischen hörte man das tiefe Brummen des Bären und hie und da ein Quieken und jämmerlich Grunzen. „Horch," sagte der Müller, „da hat der Kobold sich an den Bären gemacht." — „Das wird allein sein eigener Schade sein," lachte der Bärenführer. — „Ja, wollte Gott," seufzte der Müller, „daß der Bär meinem Plagegeiste recht ordentlich den dicken Kopf zurechtsetzte!" Noch ein heller Schrei, dann war alles still, und die Männer schliefen wieder ein. Am Morgen fand man den Bären wohlbehalten in der Mühle, und nachdem der Müller seine Gäste noch mit Speise und Trank erquickt hatte, zog der Fremde mit seinem Bären unter herzlichem Danke von dannen. Und sieh, von Stund an ließ sich kein Kobold mehr in der Mühle sehen. Der Bär mußte es ihm verleidet haben. — Wer war glücklicher darüber als der Müller? — So ging wohl ein ganzes Jahr hin. Da, an einem dunkeln Abend, als der Müller still in seiner Stube saß, öffnete sich leise die Tür, und zum Schrecken des Müllers steckte der Kobold seinen unförmigen Kopf in die Stube und sagte: „Mölla, Mölla, lewet juwe jrote schwarte Katt' noch?" Rasch faßte sich der Müller und rief: „Jo, deh lewet noch un hett sewen Jungen!" Da schlug der Kobold entsetzt die Tür zu und ist seitdem nie wieder- gekommen. 157. Vas 6elä im Stock. von paui Knötei. Oberschlesische Sagen. Nacherzählt von P. u. H. Knötei. Leipzig und Kattowitz 1907. 8. 20. Sin ft lebte in der Stadt Gleiße ein Mann, der von gewaltiger Hab- gier erfüllt war und vor keinem Mittel zurückscheute, sich zu bereichern. So geschah es einmal, daß er sich von einem reichen Fleischer dreißig Dukaten borgte. Als die bedungene Zeit um war und der Gläubiger seinen Schuldner um die Rückgabe mahnte, leugnete der, ihm noch etwas schuldig zu sein, und behauptete, alles zurückgegeben zu haben. Dem Fleischer blieb nichts anderes übrig, als ihn zu verklagen und vor das Gericht fordern zu lassen. Die Richter legten dem habgierigen Manne einen Eid auf; er solle schwören, daß er die Summe dem andern schon wiedergegeben habe. Zum festgesetzten Termin erschien der Beklagte vor den Schranken des Gerichts, in der Rechten einen dicken, schweren Stock. Der Richter forderte ihn auf, zu bedenken, daß er mit seinem Eide den lieben Gott im Himmel zum Zeugen auffordere, und daß schwere irdische und ewige himmlische Strafe den Meineidigen treffe. Alle schauten darauf den Beklagten an; denn sie meinten, er könne, wenn ihm seiner Seele Seligkeit lieb sei, den Eid nicht leisten. Der

5. Teil 4 = Kl. 5 u. 4 - S. 17

1918 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
und harren der Schlag' und der Schelten. Doch siehe, man kostet: „Ein herrliches Bier!" Man trinkt in die Runde schon dreimal und vier, und noch nimmt der Krug nicht ein Ende. 7. Das Wunder, es dauert zum morgenden Tag; doch fraget, wer immer zu fragen vermag: „Wie ist's mit den Krügen ergangen?" Die Mäuslein, sie lächeln, im stillen ergeht; sie stammeln und stottern und schwatzen zuletzt, und gleich sind vertrocknet die Krüge. 8. Und wenn euch, ihr Kinder, mit treuem Gesicht ein Vater, ein Lehrer, ein Aldermann spricht, so horchet und folget ihm pünktlich! Und liegt auch das Zünglein in peinlicher Hut, verplaudern ist schädlich, verschweigen ist gut, dann füllt sich das Bier in den Krügen. 18. Die Kaiíerwabl. von cudwig abland. Gedichte. Vollständige kritische Ausgabe, besorgt von Erich Schmidt und Julius Hartmann. Stuttgart 1898. Der fromme Kaiser Heinrich war gestorben, des sächsischen Geschlechtes letzter Zweig, das glorreich ein Jahrhundert lang geherrscht. Als nun die Botschaft in das Reich erging, 5 da fuhr ein reger Geist in alles Volk, ein neu Weltalter schien heraufzuziehn; da lebte jeder längst entschlafne Wunsch und jede längst erloschne Hoffnung auf. Kein Wunder jetzo, wenn ein deutscher Mann, 10 dem sonst so Hohes nie zu Hirne stieg, sich heimlich forschend mit den Blicken maß; — kann's doch nach deutschem Rechte wohl geschehn, daß, wer dem Kaiser heut den Bügel hält, sich morgen selber in den Sattel schwingt. 15 Jetzt dachten unsre freien Männer nicht an Hub- und Haingericht und Markgeding, wo man um Esch' und Holzteil Sprache hält; — nein, stattlich ausgerüstet zogen sie aus allen Gauen, einzeln und geschart, 20 ins Maienfeld hinab zur Kaiserwahl. Am schönen Rheinstrom, zwischen Worms und Mainz, Porger-Wolff, Lesebuch für Knaben-Mittelschulen. Iv. Brandenburg. 2

6. Teil 4 = Kl. 5 u. 4 - S. 204

1918 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
204 aber reichte lächelnd dem Fleischer seinen Stock hin und sprach: „Haltet mir ihn, damit ich schwören kann," und dann hob er die Schwurfinger der rechten Hand empor und sprach dem Richter die Eidesmorte nach. So mußte er freigesprochen werden, und mit höhnischem Lächeln schritt der Mann zur Tür hinaus. Der Fleischer und seine Freunde aber erstaunten, wie er lächelnden Mundes ein so großes Verbrechen habe begehen können. Plötzlich gellte vom Fuße der Treppe ein unheimlicher Aufschrei, und als alle hinzueilten, fanden sie den, der eben noch so höhnisch ge- lächelt hatte, als toten Mann am Boden liegen; er war auf der Stiege ausgeglitten und hatte das Genick gebrochen. Zerbrochen war aber auch der schwere Stock, und die dreißig Dukaten, die in ihm versteckt gewesen, waren weit über den Estrich verstreut. So mar der Trug offenbar geworden. Da er seinem Schuldner das Geld im Stocke gegeben, so hatte der Arglistige geglaubt, ruhigen Gewissens schwören zu könuen. Aber Gott läßt sein nicht spotten — fast unmittelbar war die Strafe auf den Frevel gefolgt. 158. Die Hulnten schlackt bei Kernau. Von friedricb Schmidt. (Märkisches Sagenbuch.) im Jahre 1432 die Hussiten die Mark verwüsteten, sind sie auch Vt vor die damals sehr feste Stadt Bernau gekommen, die sie stürmen wollten. Sie sind aber von den Weibern, als sie die Mauern erstiegen, durch heißen Brei und heißes Wasser, das man auf sie herabschüttete, zurückgetrieben worden. Indessen hatte sich der Kurprinz Friedrich mit 6000 Mann von dem Berliner Tor bis zum Mühlentor und von da weiter bis halb an das Steintor gelagert und daselbst die Reichs- truppen erwartet. Nachdem diese angelangt, geht er den Belagerern in den Rücken und fällt sie von hinten an. Die in der Stadt samt den dahingeflüchteten, worunter allein 900 Knechte gewesen, fallen gleich- falls aus und greifen die Feinde von vorn an, so daß sie auf diese Weise in die Mitte gebracht und aufs Haupt geschlagen wurden. Das ist aber geschehen auf dem Felde, wo die Panke entspringt, und in so gewaltigen Strömen ist das Blut der Feinde geflossen, daß der Boden hier bis auf den heutigen Tag davon rot gefärbt worden, weshalb er den Namen das Blutfeld oder das rote Land erhalten. Der Tag der Schlacht ist aber der des heiligen Georg gewesen, der noch alljährlich in Bernau mit einem feierlichen Dankfest begangen wird. In der Mark aber kam damals der Spruch auf: „Der Bernausche heiße Brei macht die Mark hufsitenfrei."

7. Teil 4 = Kl. 5 u. 4 - S. 213

1918 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
Der Bauer von der Lürchlend kam, trat in die Stube und stieß einen Schrei aus. Der Korbflechter erschrak. Sollte dem Bauer die Krippe nicht recht sein? „Über und über recht!" rief der Bauer, „eine brave Form, die rechte Größe, was nicht leicht ist." „Ja, das glaube ich, daß es nicht leicht ist," versetzte der Flechter, „wenn du sagst, fünf- zehn Faß Kohlen muß sie tragen, da nimmt der Mensch den Bleistift und rechnet. Wäre das Ding viereckig oder rund, so möchte Umfang und Durchschnitt leicht berechnet sein, aber Sachen, die unten eng sind und in der Mitte einen Bauch haben sollen — mein Lieber, da gehört schon ein Kopf dazu!" „Ist ja alles recht, aber Flechter, aber Korbflechter!" rief der Bauer wieder, „wie bringst denn das Ungetüm zur Tür hinaus?!" „Herr Jesses, das hab' ich vergessen!" ------Das ist die Geschichte vom gescheiten Korbflechter zu Ober- Abelsberg. Eine grausame Todesart. Die Abelsberger, das sind von jeher die Klügsten gewesen im Land. Die fanden zu jeder Spalte den richtigen Keil. Eine der bewunderungswürdigsten Taten der Abelsberger war, wie sie die Maulwürfe eingeschüchtert haben. Die Wiesen um Abelsberg waren alljährlich, besonders im Herbst und Frühjahr, voller Maulwurfshügel. Des war der Gemeiuderat betrübt, und der Bürgermeister seufzte oftmals auf: „Liebe Genossen, wir kommen ganz um unser Gras!" Da geschah es, daß der tapfere Knabe Gosel, Bürgerssohn von Abelsberg — der Name dieses Braven steht im Ehrenbuche der Stadt mit goldenen Lettern — eines Tages einen lebenden Maulwurf fing und in einem Eisenkäfig nach Hause brachte. Auf dem Marktplatz wurde ein Tisch errichtet, auf den wurde der Käfig gestellt und angenagelt, und das Volk der Stadt strömte zusammen, um den dunkeln Bösewicht zu sehen. Unter Verwünschungen und Fäuste- ballen stürmte die Menge auf den Gefangenen ein, und die Polizei hatte zu tun, um ihn zu schützen vor der Volkswut, damit er ordnungsmäßig gerichtet werden konnte. Das Todesurteil war gesprochen, der Stab gebrochen über den armen Sünder, der hier auf dem Pranger stand. Selbiger gebärdete sich aber zur allgemeinen Entrüstung schier wohl- gemut, guckte mit seinen hellen Äuglein neugierig auf die Menge und schnupperte schalkhaft mit dem Schnäuzlein zwischen den Eisenstangen hervor. Noch war aber der hohe Rat wegen der Todesart nicht einig. Das stand fest: ein Beispiel sollte an diesem Gesellen aufgestellt werden, wie ein ähnliches das wühlende Geschlecht noch nicht erfahren hatte. Einige waren für das Hängen, aber der Verbrecher hatte dafür einen zu kurzen und dicken Hals, es wäre der Strick abgeglitten. Andere wollten ihn enthaupten, das fand der Rat jedoch viel zu ehrenvoll für den Schelm. Das Verbrennen wurde zurückgewiesen, weil der Feuertod erst recht einen glänzenden Schein um das Haupt des Verbrechers gelegt haben würde.

8. Teil 4 = Kl. 5 u. 4 - S. 246

1918 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
246 zosen im allgemeinen gute Mannszucht hielten und sich gegen die Be- wohner höflich zeigten, so erlagen diese doch säst unter den vielen Ein- quartierungen, Kriegssteuern, Lieferungen und ähnlichen Bedrückungen. Im November zog das ganze Korps des Marschalls Davoust durch Frankfurt. Der Magistrat war gezwungen, dem französischen Kriegs- kommissar zu melden, daß die Stadt einen zweiten solchen Durchmarsch nicht ertragen könne, da sieben Achtel der Einwohner ganz verarmt seien. Biele Hausbesitzer verließen ihre Häuser, weil sie sich in ihnen nicht mehr zu behaupten vermochten. Der Magistrat richtete am 23. November eine Beschwerde an den Kaiser Napoleon, worin hervor- gehoben wurde, daß die Stadtschulden durch die übertriebenen Forde- rungen des französischen Heeres um eine Million Franken gewachsen und achthundert bemittelte Bürger an den Bettelstab gebracht worden seien. Aus diese Klage erfolgte, wie auf eine schon früher abgesandte, keine Antwort. Im Jahre 1807 sandte die französische Militärverwaltung den General Dangoult als Gouverneur nach Frankfurt, einen Mann, der sich als Polizeispion gebärdete und unbedachter Äußerungen wegen über viele Bürger Untersuchungen und Bestrafungen verhängte, auch ver- langte, daß allsonntäglich Gebete für den Kaiser und die französische Armee in den Kirchen mit lauter und verständlicher Stimme verlesen würden. Die Einwohner atmeten aus, als dieser Bedränger nach drei Monaten abberufen wurde. An seine Stelle traten andre Ofsiziere, die allerdings den polizeilichen Druck aushoben, dafür aber verlangten, daß ihnen neben Naturallieferungen täglich 18 bis 20 Taler Taselgelder gezahlt werden sollten. Die Stadt mußte es unter diesen Umständen als eine Erleichterung betrachten, als der Marschall Soult im August 1808 bestimmte, daß jeder Chef eines Bataillons 400 Francs, ein Kapitän 300 Francs und ein Leutnant 200 Francs monatlich aus städtischen Mitteln zu fordern habe. Häufig wechselte die Garnison. Dazu mußte die Stadt ein stehendes französisches Lazarett unterhalten, das durchschnittlich von 2000 Kranken besetzt war, wozu im Juli noch 1300 „Krüppel" kamen, die in Frank- furt untersucht werden sollten, um dann in die Heimat entlassen zu werden. Auch die Kämmereidörser Tzschetzschnow, Reipzig, Schwetig, Kuners- dorf und Kunitz wurden durch die französische Einquartierung hart bedrückt, zumal da die Soldaten hier einer weniger strengen Aussicht unterworfen waren als in der Stadt. Am 29. November 1808 zog endlich die letzte französische Besatzung ab, und am 23. Januar 1809 rückten zur Freude der Einwohner wieder vaterländische Truppen, das erste westpreußische Infanterie-Regiment, in die Stadt ein. Aber die

9. Teil 4 = Kl. 5 u. 4 - S. 346

1918 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
346 auf dem Markte an, und durch Trommelschlag in der Stadt und in den Vorstädten erging die Bekanntmachung, daß jeder Gartenbesitzer sich zu einer bestimmten Stunde vor dem Rathause einznfinden habe, da des Königs Majestät ihnen eine besondere Wohltat zugedacht habe. Alles geriet in eine stürmische Bewegung, und zwar um so mehr, je weniger man wußte, was es mit diesem Geschenke zu bedeuten habe. Die Herren vom Rate zeigten nunmehr der versammelten Menge die neue Frucht vor, die hier noch nie ein menschliches Auge erblickt hatte. Daneben ward eine umständliche Anweisung verlesen, wie diese Kartoffeln gepflanzt und bewirtschaftet, desgleichen wie sie gekocht und zubereitet werden sollten. Allein in dem Getümmel achteten die wenigsten auf jene Vorlesung. Dagegen nahmen die guten Leute die hochgepriesenen Knollen verwundert in die Hände, rochen, schmeckten und leckten daran. Kopfschüttelnd bot sie ein Nachbar dem andern; man brach sie vonein- ander und warf sie den Hunden vor, die daran herumschnupperten und sie gleichfalls verschmähten. Nun war ihnen das Urteil gesprochen! „Die Dinger," hieß es, „riechen nicht und schmecken nicht, und nicht einmal die Hunde mögen sie fressen. Was wäre uns damit geholfen?" Inzwischen wurde des Königs Wille vollzogen und seine Gabe unter die anwesenden Garteneigentümer ausgeteilt. Kaum irgend jemand hatte die erteilte Anweisung zu ihrem Anbau recht begriffen. Wer sie also nicht geradezu in seiner getäuschten Erwartung auf den Kehrichthaufen warf, ging doch bei der Anpflanzung so verkehrt wie möglich zu Werke. Einige steckten sie hier und da einzeln in die Erde, ohne sich weiter um sie zu kümmern. Andere glaubten das Ding noch klüger anzugreifen, wenn sie diese Kartoffeln beisammen aus einen Haufen schütteten und mit etwas Erde bedeckten. Da wuchsen sie nun zu einem dichten Filz ineinander. Nun mochten aber wohl die Herren vom Rat gar bald in Erfahrung gebracht haben, daß es unter den Empfängern viele lose Verächter gegeben, die ihren Schatz gar nicht einmal der Erde anvertraut hätten. Darum ward in den Sommermonaten durch den Ratsdiener und Feldwächter eine allgemeine und strenge Kartoffelschau veranstaltet und den widerspenstig Befundenen eine kleine Geldbuße aufgelegt. Das gab wiederum ein großes Geschrei und diente auch eben nicht dazu, der neuen Frucht an den Bestraften bessere Gönner und Freunde zu erwecken. Das Jahr nachher erneuerte der König seine wohltätige Spende durch eine ähnliche Ladung. Allein diesmal verfuhr man dabei höheren Orts auch zweckmäßiger, indem zugleich ein Landreiter mitgeschickt wurde, der als ein geborener Schwabe des Kartoffelbaues kundig und den Leuten bei der Auspflanzung behilflich war und ihre weitere Pflege besorgte. So kam also diese neue Frucht zuerst ins Land und hat

10. Teil 2 = Kl. 7 - S. 94

1914 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
94 einer von ihnen des Meuchelmordes angeklagt. Er sollte, obgleich er noch kein Geständnis abgelegt, den Tod erleiden, da alle Umstände die ihm zur Last gelegte Tat wahrscheinlich machten. Noch saß er im Ge- fängnis, als eines Tages seine Brüder vor dem Richter erschienen und sich beide, des begangenen Mordes schuldig erklärten. Kaum hatte dies der zum Tote Verurteilte vernommen, als auch er der Tat geständig wurde, indem er erkannte, daß seine Brüder ihn nur retten wollten. So standen statt eines Täters drei vor Gericht, von denen jeder mit gleichem Eifer behauptete, daß er allein jenen Mord begangen Hütte. Da wagte der Richter nicht, den Urteilsfpruch an dem ersten zu vollstrecken. Er legte den Fall zuvor noch einmal dem Kurfürsten vor, der anordnete, daß hier ein Gottesurteil entscheiden solle. Er befahl daher, ein jeder der drei Brüder solle eine gesunde Linde mit der Krone in das Erdreich pflanzen, so daß die Wurzeln nach oben ständen. Wessen Baum dann vertrocknen würde, den Hütte Gott dadurch als den Täter bezeichnet. Dies Urteil wurde sogleich beim Anbruch des Frühlings vollzogen, und siehe da! nur wenige Wochen vergingen, und alle drei Bäume, die man auf dem Kirch- hofe gepflanzt hatte, bekamen frische Triebe und wuchsen zu kräftigen Bäumen heran. So war denn die Unschuld der drei Brüder erwiesen. Die Bäume aber haben noch lange in üppiger Kraft an der alten Stelle gestanden, bis sie endlich verdorrt sind und andern Platz gemacht haben. 103. Nils nicht lügen! Von Helene Krüger. Eine Festgabe für kleine Leute. Nürnberg o. I. S. 9. /. Lieschen, maßt die Wahrheit sagen! Ach, das Lügen macht mir Schmerz, Matter sieht dir nar ins Auge, aber Gott sieht in dein Herz. 2. Dunkle Flecken macht die Lüge in dein Herzenskämmerlein, and es soll doch eine Wohnung für das liebe Christkind sein. 104* Däs Cumpengeitndel. Von den Brüdern Grimm. Kinder- und Hausmärchen. Originalausgabe. 32. Ausl., besorgt von Reinhold Steig. Stuttgart und Berlin 1906. 8. 35. ^^ähnchen sprach znm Hühnchen: „Jetzt ist die Zeit, wo die Nüsse reif werden, da wollen wir zusammen auf den Berg gehen und uns einmal recht satt essen, ehe sie das Eichhorn alle wegholt." „Ja," antwortete das Hühnchen, „komm, wir wollen uns eine Lust mitein-
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